Erfolgreiche Dienste wie Amazon oder Google und leistungsfähige mobile Endgeräte, die wir im Privatleben nutzen, zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie schnell und einfach bedient werden können, ohne dass Handbücher oder ähnliches notwendig sind. Diese Erfahrungen aus dem Privatleben führen dazu, dass eine entsprechend gute Bedienbarkeit – häufig auch als Usability bezeichnet – auch im Berufsleben erwartet wird. Auch Mitarbeiter von Unternehmen geben sich nicht mit sperrigen Lösungen und Diensten zufrieden und fordern auch hier die aus dem Alltag bekannte Usability. Die positiven persönlichen Erfahrungen nutzen sie als Vergleich, wenn sie auf Reisen, im Büro, in der Werkstatt oder in der Produktion mit betrieblicher Software arbeiten. Viele mittelständische Arbeitgeber nehmen diese Erwartungen wahr und haben den potenziellen Nutzen einer hohen Software-Usability erkannt. Für 65% der Mittelständler steht fest: Eine hohe Usability betrieblicher Software erhöht die Produktivität der Mitarbeiter deutlich. Ganze 75% sind sogar der Meinung, dass eine hohe Usability einen positiven Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet.
Die Erwartungen an eine hohe Usability betrieblicher Software auf Seiten der Anwender werden bisher jedoch nicht erfüllt. Viele Mittelständler sind nur bedingt zufrieden mit der Usability der eingesetzten Software. Sie bewerten sie in Bezug auf Usabiltiy deutlich schlechter als in Bezug auf technische Kriterien wie Funktionsumfang oder Sicherheit und mehr als 70% der Mittelständler klagen über Produktivitätsminderungen durch Bedienprobleme. Auch können Mittelständler die Situation nicht aus eigener Kraft verbessern: Für jeden zweiten ist es schwer, Software mit hoher Usability zu finden.
Da betriebliche Software oft von kleinen und mittleren IT-Unternehmen in Deutschland entwickelt, installiert oder angepasst wird, werden diese Unternehmen zunehmend darauf angesprochen, warum es ihnen nicht gelingt, leicht zu bedienende Lösungen anzubieten. Dies stellt kleine und mittlere IT-Unternehmen in Deutschland vor neue Herausforderungen. Viele haben zwar ein fundiertes technisches Know-How zur Erweiterung der Funktionalität, sie besitzen aber nur eingeschränkte Kenntnisse zur systematischen Verbesserung der Bedienbarkeit (Usability) von Produkten und Lösungen. Es sind zwar in den vergangenen Jahren neue Berufe – wie z.B. Usability-Engineer, Concepter, Interaction-Designer etc. – entstanden, doch es ist noch unklar, ob und wie diese neuen Rollen in den typischen Entwicklungsprozess integriert werden sollen. Auch gibt es noch relativ wenig entsprechend qualifizierte Mitarbeiter, die bisher auch eher in größeren IT-Unternehmen arbeiten. Hingegen klagen Mittelständler darüber, dass es für sie schwer ist, geeignete Fachkräfte zu finden und die offenen Stellen zu besetzen. Nur etwa 8% der Mittelständler kennen Hochschulen, Ausbildungsprogramme oder Studiengänge, die Usability-Fachkräfte ausbilden. In der Folge sind auch Methoden und Praktiken, die zur Verbesserung der Usability der Software benötigt werden, noch kaum bei kleinen und mittleren IKT-Unternehmen in Deutschland verbreitet. Je nach Phase und Methode, wenden nur etwa 10-30% der Mittelständler solche Praktiken bereits umfassend an. Ein Grund für den geringen Einsatz: dezidierte Praktiken sind häufig nicht bekannt und wenn sie bekannt sind, wissen viele Mittelständler nicht, welche sie auswählen und wie sie sie in den Entwicklungsprozess integrieren sollen.
Die beschriebe Situation hat zur Folge, dass mittelständische IT-Unternehmen aus Deutschland im internationalen Wettbewerb hinterher hinken, da in anderen Ländern – insbesondere in den USA – entsprechende Praktiken deutlich stärker verbreitet sind. Wie also können kleine und mittlere IT-Unternehmen in Deutschland ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern?
Das ifm Mannheim...
... erforscht Hemmnisse und Chancen zur Verbreitung von Usability-Praktiken im Mittelstand: Da kleine und mittlere IKT-Unternehmen nicht alleine aus eigener Kraft neue Kompetenzen aufbauen können, werden Unternehmen in ihrer Einbindung in ein Netzwerk aus möglichen Kooperationspartnern betrachtet (sogenanntes „organisationales Feld“). Damit rücken Kooperationen zu Dienstleistern, die Zusammenarbeit mit Kunden, der Kontakt zu Hochschulen, sowie die Mitarbeiter von Verbänden und der Besuch von Fachmessen als potentielle Treiber der Verbreitung von Usability-Praktiken in den Fokus der Betrachtung. In einer ersten systematischen Studie auf Basis dieses Ansatzes konnte das ifm Mannheim zeigen, dass insbesondere die enge Zusammenarbeit mit Kunden und die Unterstützung durch Dienstleister maßgeblich dazu beitragen, dass kleine und mittlere Unternehmen durch Usability-Praktiken erfolgreicher werden als ihre Wettbewerber.
... erarbeitet Strategien zur Verbreitung dieses Know-Hows: Ausgehend von der ersten Studie wurden Empfehlungen zur Verbreitung von Usability-Praktiken erarbeitet und mit verschiedenen Gruppen – Verbänden, Hochschulen, Politik - diskutiert. Da sich in der Studie gezeigt hat, dass insbesondere der Kontakt zwischen Dienstleistern und Softwareproduzenten zentral für die Diffusion von Usability-Praktiken ist, wurde ein Ansatz entwickelt, mit dem zuerst die Verbreitung von Beratungs-Know-How zum Thema Usability bei Dienstleistern vorangetrieben werden soll. Dazu wird ein Managementkonzept erarbeitet, das zentrale Regeln und Prinzipien zur Entwicklung guter Produkte mit einer hohen Usability kapselt.
... beteiligt sich aktiv an Initiativen zur Umsetzung dieser Strategien: Das ifm Mannheim ist maßgeblich an der Gründung des Vereins „Usability in Germany e.V.“ (Verein in Gründung) beteiligt, der sich die Verbreitung von Usability-Praktiken im Mittelstand zur Zielsetzung gemacht hat. Hier wird ein Netzwerk bestehend aus Dienstleistern und Experten sowie Softwareproduzenten aufgebaut, um die Diffusion von Usability-Praktiken in Deutschland zu beschleunigen.
Prof. Dr. Achim Oberg
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Olaf Kellermeier
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Tino Schöllhorn
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Prof. Dr. Dominika Wruk
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