Tariforientierte Betriebe: Bei der Bezahlung fernab des Tarifsystems


Studie des ifm Mannheim zur Tariforientierung zeigt, dass Löhne und Gehälter in sogenannten tariforientierten Betrieben im Durchschnitt weit unter der Bezahlung in tarifgebundenen Betrieben liegen.

Unter tariforientierten Betrieben versteht man Betriebe, die nicht in Unternehmerverbänden organisiert sind, deshalb formal nicht an Tarifverträge gebunden sind, aber angeben, sich an entsprechenden Tarifverträgen zu orientieren. In tariforientierten Betrieben liegen die Löhne und Gehälter 24,6% unter denen in tarifgebundenen Betrieben. Der 25%ige Unterschied in der Bezahlung erstaunt, da 19% der Betriebe angeben besser als Tarif zu bezahlen und 77% die Bezahlung in ihren Betrieben als vergleichbar mit dem Tarif erachten. Betrachtet man jedoch tarifferne Betriebe als Referenzgröße, also Betriebe, die weder an Tarife gebunden sind, noch sich daran orientieren, dann liegt der Bezahlungsunterschied mit 28,4% lediglich 3,8% darüber. Tariforientierte Betriebe sind daher tariffernen Betrieben wesentlich ähnlicher als Betrieben innerhalb des Tarifsystems.

Das Ausmaß der Tariferosion ist daher wesentlich stärker als vermutet. Bisher wurde angenommen, dass Beschäftigte in tariforientierten Betrieben zumindest indirekt von Flächentarifen profitieren. Dies ist jedoch nicht der Fall. Auf die Zukunft des Tarifsystems wirft dieser Befund einen dunklen Schatten. Schreibt man den Trend der letzten 10 Jahre für die nächsten 10 Jahre fort, dann zeigt sich, dass in Zukunft nicht nur in weiten Teilen Ostdeutschlands Tarifödnis herrscht, sondern auch die westdeutsche Tariflandschaft weiter erodiert.

Die Forschung des ifm Mannheim zum Thema "Tariforientierung nicht-tarifgebundener Unternehmen" wurde durch die Forschungsstelle für Betriebswirtschaft u. Sozialpraxis e.V. (BFS), die durch den zwischenzeitlich verstorbenen ehemaligen akademischen Direktor des ifm Mannheim Prof. Dr. Dr. h.c. Gaugler gegründet wurde, finanziell unterstützt. In Kürze erscheint die Studie in der Schriftenreihe des BFS.

Kontakt:
Stefan Berwing

07.10.15

 

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