"Was kann der deutsche Mittelstand vom Silicon Valley lernen?" Prof. Woywode hält einen Vortrag vor den Mitgliedern des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) in Heidelberg


Das Silicon Valley ist in aller Munde. Prof. Woywode berichtet mittelständischen Unternehmern von seinen Erfahrungen, die er im Silicon Valley im Rahmen eines Forschungsaufenthalts an der Stanford University im letzten Jahr gemacht hat. Er ist davon überzeugt: es gibt für den Mittelstand noch viel zu lernen.

Es besteht kein Zweifel. In den vergangenen Jahren war der Mittelstand ein Garant für den Erfolg der Deutschen Wirtschaft. Deutsche mittelständische Unternehmen sind in der Regel gut geführt, sie bieten wettbewerbsfähige Produkte an und sie sind internationaler orientiert als viele vergleichbare Unternehmen in unseren Nachbarländern.Dennoch ist die Frage, ob man die Erfolge der Vergangenheit so einfach in die Zukunft fortschreiben kann.

“Ein Forschungsaufenthalt an der Stanford University im letzten Jahr, in dessen Rahmen ich mich auch intensiv mit dem Silicon Valley und vielen seiner kleinen, mittleren und großen Unternehmen beschäftigt habe, ließ mich zu der Überzeugung gelangen, dass auf den deutschen Mittelstand in naher Zuknuft noch viele Herausforderungen zukommen werden. In vielen Branchen wird ein radikales Umdenken erforderlich sein”, fasst Prof. Woywode seine Erfahrungen zusammen.

Neue Technologien, neue effektivere Arbeitsformen und -prozesse, originäre kreative Geschäftsideen, Digitalisierung, disruptive Geschäftsmodelle, neue Materialien, Riskobereitschaft und Risikokapital, pay forward mentality, neue Formen der Teamarbeit, Skalierung, unlimited networking, neugierige Konsumenten, Entrepreneurial Spirit und flexible Gesetzgeber sind nur einige der Themen, mit denen man tagtäglich konfrontiert wird, wenn man im Silicon Valley lebt. Die Umstände lassen Firmen im Silicon Valley in einer ganz spezifischen Weise agieren. Einer Weise, die schnell auch für deutsche Unternehmen gefährlich werden kann.

Nehmen wir das Beispiel Amazon. Der online-Händler, der in seinem Heimatmarkt den USA überaus dominant auftritt, macht auch hierzulande den Groß- und Einzelhändlern das Leben zunehmend schwer. Spricht man in den USA über die Wettbewerbssituation im Handel und kommt man auf das Unternehmen  AMAZON zu sprechen, so wird von branchenkundigen Beobachtern der Vergleich mit einer “Anakonda” gewählt. AMAZON erdrückt nach und nach die verschiedenen Vertriebsformen des Handels, seien es nun tradtionsreiche Versandhändler, Lebensmittelhändler, Elektronikhändler, Buchhändler, Bekleidungshändler, Möbehlhändler und sonstige. Er arbeitet einfach sehr effizient und verfolgt ein attraktives Geschäftsmodell. Ganz wenige Handelssegmente sind von AMAZON bisher nicht betroffen. Dabei ist AMAZON vermutlich gar kein Handelsunternehmen sondern in erster Linie ein Supply Chain Management Experte, der höchst effizient Waren von A nach B liefert. Neuerdings liefert AMAZON aber auch Fernsehinhalte, stellt Pakete selbst zu und experimentiert daneben noch mit vielen weiteren Geschäftsideen, z.B. mit dem Lautsprecher AMAZON Echo und Alexa Voice Service, der die Wünsche der Kunden soweit wie möglich erfüllt.

Nur ein Beispiel für ein erst 20 Jahre altes Unternehmen, das eine weltweite Wirkung erzeugt, Tendenz rasant steigend. Und von dieser Sorte Unternehmen gibt es im Silicon Valley viele. Google verfügt heute über acht Services/Produkte die jeweils eine Reichweite von mehr als 1 Milliarde Menschen haben. Uber und Lyft, die beiden Beförderungsunternehmen liefern sich einen harten Wettbewerb bei der Personenbeförderung. UBER hält sich übrigens gar nicht für ein Personenbeförderungsunternehmen. Es sei vielmehr ein Technologieunternehmen. Und eigentlich haben sie recht damit, denn es arbeiten derzeit mehrere tausend Programmierer daran, die User Experience der UBER-App sowohl für de Fahrgast als auch für den UBER-Fahrer, der rechtlich nicht zu UBER gehört, zu verbessern. Seit Kurzem kann man übrigens über UBER-out Essen auch bestellen. Interessant was möglich ist, wenn man erst einmal eine Technologieplattform geschaffen hat. AirBnB, Booking.com, Microsoft, Intel, Oracle und viele weitere Unternehmen sind teil dieser globalen Bewegung, die aus dem Silicon Valley zu uns herüber schwappt.

Silicon Valley Unternehmen haben häufig einen globalen Anspruch und sie geben sich nur wenige Jahre, um ihre geschäftlichen Ziele zu erreichen. Mit viel Kapital und unendlich viel Energie versuchen sie ihre Geschäfte auszurollen. Dabei profitieren sie zunächst von einem riesigen Heimatmarkt, vom massig vorhandenen Risikokapital, das für Innovationen und die Expansion zur Verfügung steht und von der hohen Anzahl an ehrgeizigen, motivierten und aus aller Welt stammenden Mitarbeiter. Diese Mischung kann für deutsche Mittelständler schnell zu einer tödlichen Gefahr werden.

 

 


09.02.17

 

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