Schlechte Nachrichten für die deutsche Automobilindustrie - Auf der jüngsten TechCrunch Mobility-Konferenz in San Mateo stellt Google die Zukunft des autonomen Fahrens vor


Im Silicon Valley wird seit vielen Jahren an der Zukunft des automobilen Fahrens geforscht. Nun ist der Google Tochter Waymo ein Durchbruch gelungen. Waymo darf in San Francisco ab Juni fahrerlos Fahrgäste transportieren. Noch ist das Angebot auf Mitarbeiter der Firma Waymo beschränkt. Doch bald dürfen alle Interessierten das Waymo Auto nutzen. Und es kommt noch besser: Waymo ist nur noch eine Genehmigung davon entfernt, dass sie für ihre fahrerlosen Fahrdienste auch Geld verlangen dürfen.

Es geht um Level 4 und Level 5 des autonomen Fahrens. In den Städten Phoenix und San Francisco ist Google/Waymo schon besonders weit mit ihren Anstrengungen hinsichtlich des autonomen Fahrens gekommen. Aber auch in Boston oder Washington ist die Firma vorbereitend aktiv, um ihre Angebote später flächendeckend und zügig ausrollen zu können. Dabei nutzt Waymo die Modelle bestehender Automobilhersteller, wie Jaguar, um seine Hard- und Sofware an- und einzubringen. Die Waymo-Zusatzkomponenten erlauben letztlich das autonome Fahren. Ich habe mit einem Automobilexperten gesprochen, der nicht namentlich genannt werden will, da er unter anderem auch die deutsche Automobilindustrie berät. Er sagte folgendes über die Zukunft der deutschen Automobilindustrie: “Die deutschen Automobilhersteller bauen immer noch zuerst ein Auto und setzen dann einen Computer hinein. Die neuen amerikanischen Hersteller, wie Tesla oder Waymo, entwickeln einen Computer und bauen dann ein Auto herum. Der Unterschied ist im Ergebnis frappierend und der Abstand zu den deutschen Automobilherstellern wird eher größer als kleiner.” Das folgende Gedankenspiel ist irgendwie eindrücklich: wenn autonom fahrende Autos Gefahren schon viel früher erkennen als Menschen dazu in der Lage sind und sich beispielsweise mit anderen Autos an Kreuzungen über die Vorfahrt oder Mindestabstände einigen können, dann werden Unfälle in der Zukunft fast nicht mehr vorkommen. Dann aber ist eine besonders widerstandsfähige und teure Karosserie auch nicht mehr von Vorteil. Im Gegenteil: eine derartige Karosserie macht das Auto schwer und verlangt eine hohe Batterieleistung.. Viele der komparativen Wettbewerbsvorteile deutscher Autombilhersteller sind in diesem neuen Szenario obsolet.   

Während wir in Deutschland noch über Teststrecken auf Autobahnen verhandeln, werden in Amerika schon ganze Städte für den Betireb der autonomen Autos freigegeben. So wie ich es sehe, wird Waymo sein Betriebssystem für selbstfahrende Autos in Zukunft an jeden beliebigen Automobilhersteller der Welt lizensieren/ verkaufen oder auf andere Weise vermarkten können. Die Datenhoheit werden sie sich vermutlich nicht nehmen lassen und mit den gesammelten Daten ihr Betriebssystem schrittweise immer weiter verbessern. Die Automobilindustrie wird sich auf einen neuen und sehr mächtigen Automobilzulieferer namens Waymo einstellen müssen. Die Frage ist dann nur: Wer ist der Koch und wer ist Kellner.

Michael Woywode

 

 


28.05.22

 

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