Tariforientierung: Einfluss von Tarifverträgen auf nicht-tarifgebundene Unternehmen


Das deutsche Tarifsystem unterliegt seit mindestens zwei Jahrzehnten einem Wandel. Dieser Wandel äußert sich sowohl in der Flexibilisierung tarifvertraglicher Standards als auch in einem stetig abnehmenden Prozentsatz tarifgebundener Betriebe. Ansatzpunkt für das Projekt ist die bisher lückenhafte Kenntnis über die Auswirkungen des Wandels des Tarifsystems auf die Arbeitsbedingungen in den Betrieben.

Das deutsche Tarifsystem unterliegt seit mindestens zwei Jahrzehnten einem Wandel. Dieser Wandel äußert sich sowohl in der Flexibilisierung tarifvertraglicher Standards als auch in einem stetig abnehmenden Prozentsatz tarifgebundener Betriebe.
Ansatzpunkt für das Projekt ist die bisher lückenhafte Kenntnis über die Auswirkungen des Wandels des Tarifsystems auf die Arbeitsbedingungen in den Betrieben. Von besonderem Interesse ist dabei das Phänomen der Tariforientierung, d.h. ein Betrieb orientiert sich am Tarifvertrag, obwohl er nicht an den Tarifvertrag gebunden ist. Dies ist kein marginales Phänomen, sondern trifft auf ca. 25% aller deutschen Betriebe zu. Der Einfluss einer solchen Orientierung am Tarifvertrag auf die Lohn- und Gehaltshöhe soll mit diesem Projekt untersucht werden. Darüber hinaus ist von Interesse, in welchen Strukturmerkmalen sich nicht-tarifgebundene Betriebe, d.h. tariforientierte und nicht-tariforientierte Betriebe, von tarifgebundenen Betrieben unterscheiden.
Weiterhin werden mit der abnehmenden Bedeutung des Flächentarifvertrages regionale Untersuchungen der Entgeltlandschaft zunehmend interessant. Es ist anzunehmen, dass es durch den Wandel des Tarifsystems zu einer stärkeren regionalen Ausdifferenzierung kommt. Aus diesem Grund sollen sowohl Entgeltstrukturen in tariforientierten Betrieben als auch Strukturmerkmale von tariforientierten Betrieben regional betrachtet werden. 
Die Frage nach den Motiven für einen Austritt aus dem Tarifvertrag, bzw. einer Orientierung am Tarifvertrag, führt zu unterschiedlichen, zu überprüfenden Annahmen. Tarifaustritte können einerseits als Ablehnung des Tarifvertragssystems gedeutet werden, andererseits können sie auch durch die ökonomische Situation eines Betriebes notwendig werden. Die Orientierung am Tarifvertrag kann dagegen z.B. die Lohnfindung im Betrieb vereinfachen oder notwendig sein, um für Arbeitskräfte attraktiv zu sein. 
Daher ergeben sich folgende Leitfragen, die mit Projekt beantwortet werden sollen:
  • Welche Ursachen und Motive gibt es für eine Orientierung am Tarifvertrag?
  • Durch welche Merkmale zeichnen sich tariforientierte Betriebe aus? 
  • Welche Betriebsmerkmale erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Tariforientierung? Unterscheiden sich die Entgeltstrukturen zwischen tariforientierten und nichttariforientierten Betrieben? 
  • Hat die Tariforientierung unter Kontrolle anderer Variablen einen Einfluss auf die Lohn- und Gehaltshöhe? 
  • Gibt es regionale Unterschiede bei den Entgeltstrukturen und den Betriebsmerkmalen? 
  • Ergibt sich durch die Hinzunahme regionaler Kontextvariablen ein Erklärungsmehrwert?
Zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen kommen sowohl qualitative als auch quantitative Analysemethoden zum Einsatz. Die Frage nach den Motiven für einen Tarifaustritt oder einer Orientierung am Tarifvertrag ist nur schwer mit Daten der amtlichen Statistik zu beantworten. Aus diesem Grund sollen qualitative Interviews mit Firmeninhabern und Personalverantwortlichen geführt werden. Quantitative Analysen werden mit dem LIAB, einem linked-employer-employee-Datensatz, des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung durchgeführt.
 
Projektleitung: Stefan Berwing
Auftraggeber: Eigenprojekt
Laufzeit: 2012-2016
 

News

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