"Gewusst wie" - Wo erwerben Frauen ihr Wissen für eine berufliche Selbständigkeit und wie beeinflusst das ihre Erfolgsaussichten? Herkunft und Wirkung selbständigkeitsrelevanten Wissens bei Frauen?


Eine effiziente und nachhaltige Förderung von Gründungen durch Frauen sowie die Prosperität der von ihnen geführten Betriebe setzen fundierte Kenntnisse über das Einflussgeflecht in allen Phasen unternehmerischer Reife (von der Gründungsneigung bis zum unternehmerischen Wachstum) voraus. Daher wurde im Projekt untersucht, welche Rolle die Aneignung und Nutzung von Wissen für die Unternehmensgründung durch Frauen spielt und welche Hürden sie dabei erfahren. Vor allem interessierte, woher Frauen das Wissen für den Schritt in die berufliche Selbständigkeit nehmen (können) und welche Bedeutung die verschiedenen Quellen des Wissenserwerbs für das Gründungs- und unternehmerische Potenzial von Frauen haben.

 Während das ifm der Universität Mannheim den geschlechtsspezifischen Determinanten und Mustern des Erwerbs selbständigkeitsrelevanten Wissens nachspürte und den Blick auf das Umfeld und die Institutionen richtete (Teilprojekt 1), setzte sich PRO KMU (Universität Siegen) mit den in die Selbständigkeit führenden Prozessen des Lernens auseinander und untersucht, in welcher Weise Frauen hierbei ihre Chancen erkennen und nutzen (Teilprojekt 2).

Als empirische Grundlagen des Teilprojekts 1 dienten zum einen der Mikrozensus (Scientific Use File), welcher einen groben Überblick über geschlechtsspezifische Muster des Wissenserwerbs bei selbständigen Frauen und Männern, vor allem im Vergleich zu den abhängig Beschäftigten und Akademikerinnen, ermöglichte. Darüber hinaus gaben die BIBB-IAB Daten Aufschluss über Tätigkeitsprofile von selbständigen Frauen. Um den Einfluss institutioneller Rahmenbedingungen auf den Wissenserwerb selbständiger Frauen zu bestimmen und auch international vergleichen zu können, wurden zusätzlich die European Labor-Force-Daten herangezogen. Die Prozesse der Aneignung selbständigkeitsrelevanten Wissens (formaler und nicht-formaler Art) ließen sich jedoch nur mit einer eigenen Primärerhebung identifizieren, weshalb zusätzlich Daten unter 1.200 Probanden, vorwiegend Akademiker/innen erhoben wurden.

Zusammenfassend kann (erstens) herausgestellt werden, dass sich Geschlechterunterschiede nicht erst im Zugang und in der Ausübung von Selbständigkeit, sondern bereits in einer frühen Phase der beruflichen Sozialisation und damit im Gründungspotenzial von Frauen und Männern zeigen. Ausschlaggebend hierfür sind (zweitens) die unterschiedlichen Möglichkeiten in der Aneignung und Nutzung von selbständigkeitsrelevantem Humankapital und Wissen. Eine zentrale Quelle des Wissenserwerbs ist der Beruf. Die Analysen unterstreichen (drittens), dass unter den ressourcenbedingten Erklärungsfaktoren v.a. der berufsspezifischen horizontalen und vertikalen Segregation eine hohe Bedeutung zukommt. Die ungleiche Verteilung von Familienarbeit und die Erwerbsbiographie von Frauen ist (viertens) mit entscheidend dafür, dass ihre Bandbreite an Kenntnissen und Erfahrungen geringer als bei Männern ist. Darüber hinaus sind (fünftens) auch die Unterschiede in der betrieblichen Performance der von Frauen und Männern geführten Unternehmen auf Diskrepanzen in den wissensbezogenen Ressourcen zurückzuführen, da sie nicht nur über weniger Möglichkeiten der Aneignung von betriebs-, finanzierungs- und managementbezogene Kenntnisse verfügen, sondern auch seltener als Männer Produkt- und Prozessinnovationen entwickeln können.
 
Projektleitung:  Dr. René Leicht
Projektbearbeitung:  Dr. Vartuhi Tonoyan
Projektförderung:  Bundesministerium für Bildung und Forschung
Kooperation: Prof. Dr. Friederike Welter, Universität Jonköping (SW), Kerstin Ettl, Universität Siegen
Laufzeit:  Januar 2007 bis März 2009
Teilprojekt 1:   Geschlechtsspezifische Determinanten und Muster des Wissenserwerbs (ifm Mannheim)
Teilprojekt 2:   Geschlechtsspezifische Prozesse des Lernens und Wissenserwerbs (Universität Jonköping)

Veröffentlichungen 

Tonoyan, Vartuhi / Budig, Michelle / Strohmeyer, Robert (2009): Exploring the Heterogeneity of Women’s Entrepreneurship in Europe and USA: The Impact of Human Capital, Prior Job Characteristics, and Family Structure on Women’s Entry into Low-Skilled and High-Skilled Occupations, in: Brush, C. et al. (Hrsg.), Women’s Entrepreneurship and Growth Influences: An International Comparison, Cheltenham, S. 154-179

Tonoyan, Vartuhi / Strohmeyer, Robert / Leicht, René (2007): Entrepreneurial Potential among Female and Male Employees in Europe: A Resource-Based View, in: Bührmann, A. D. et al. (Hrsg.), Entrepreneurial Diversity – UnternehmerInnen zwischen Businessplan und Bricolage, Hamburg, S. 57-86

Vorträge

Leicht, René: Einsam in der Männerwelt. Warum gibt es so wenige Unternehmerinnen?“ Gastvortrag in der Ringvorlesung „Impulse aus Wissenschaft und unternehmerischer Praxis“, Universität Tübingen, 8. Juni 2009

Tonoyan, Vartuhi / Budig, Michelle / Strohmeyer, Robert: Exploring the Heterogeneity of Women’s Entrepreneurship in Europe and USA: The Impact of Human Capital, Prior Job Characteristics, and Family Structure on Women’s Entry into Low-Skilled and High-Skilled Occupations, DIANA International Research Symposium, Belfast, 3.-4. November 2009

News

Publikation: Cross-National Study of Individual and Institutional Determinants of Women's Entrepreneurship Is Published In Edward Elgar (30.11.10)
The book chapter "Exploring the Heterogeneity of Women's Entrepreneurship: The Impact of Family Structure and Family Policies in Europe and the US" by Vartuhí Tonoyan, Michelle Budig & Robert Strohmeyer has been published in Edward Elgar. mehr...
Einsam in der Männerwelt. Warum gibt es so wenig Unternehmerinnen? (30.06.09)
René Leicht
Gastvortrag in der Ringvorlesung ‚Impulse aus Wissenschaft und unternehmerischer Praxis“, Universität Tübingen, 08.06.2009
ifm-Pressemitteilung 1/2009 (20.02.09)
Gewusst wie – Wo erwerben Frauen ihr Wissen für eine berufliche Selbständigkeit und wie beeinflusst das ihre Erfolgsaussichten?

Abschlussworkshop des Instituts für Mittelstandsforschung Mannheim und des Lehrstuhls PRO KMU der Universität Siegen am 13.2.2009 am ZEW Mannheim mehr...
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