Italienische Selbständige und italienische Betriebe in Deutschland


Im Auftrag der International Labour Organisation (ILO) und in Kooperation mit dem italienischen Partner (CSER) untersuchte das ifm die Struktur und Entwicklung italienischer Selbständiger und ihrer Betriebe in Deutschland. Die Studie stützte sich vor allem auf Datenquellen der amtlichen Statistik (vor allem Gewerbeanzeigen und Mikrozensus) sowie auf Kammerdaten. Zusammengefasst ist zu konstatieren, dass nicht nur türkischstämmige, sondern auch Selbständige italienischer Herkunft – soweit sie in Deutschland leben – zu den Unternehmern mit relativ niedrigem Bildungsniveau zählen, die sich in hohem Maße in Märkten mit ungünstigen Wettbewerbsbedingungen betätigen.

Die Zahl ausländischer Selbständiger hat in den letzten zehn Jahren weitaus stärker zugenommen als die der deutschen. Neben den türkischstämmigen bilden die Existenzgründer italienischer Herkunft zahlenmäßig die größte Gruppe beruflich selbständiger Migranten in Deutschland. Auch wenn die italienische Gastronomie und italienische Warenangebote kaum aus dem Straßenbild in deutschen Städten und Gemeinden wegzudenken sind, ist relativ wenig über das soziale und wirtschaftliche Profil dieser Unternehmergruppe bekannt. Dies mag daran liegen, dass Italiener in der öffentlichen Meinung als eine weitestgehend akzeptierte und vergleichsweise gut integrierte Bevölkerungsgruppe gelten und sich sowohl die Arbeitsmarkt- als auch die Migrationsforschung viel eher auf Gruppen konzentriert, deren Probleme stärker im Rampenlicht stehen. Und soweit sich die Gründungsforschung mit Migranten befasst, galt das Augenmerk bislang eher den türkischen Selbständigen. 50 Jahre nach dem Anwerbeabkommen mit Italien, das explizit Arbeitnehmer nach Deutschland führte, war es Zeit, die nunmehr stärker gewordene „andere Seite“ ökonomischer Aktivitäten unter die Lupe zu nehmen.

Im Auftrag der International Labour Organisation (ILO) und in Kooperation mit dem italienischen Partner (CSER) untersuchte das ifm die Struktur und Entwicklung italienischer Selbständiger und ihrer Betriebe in Deutschland. Die Studie stützte sich vor allem auf Datenquellen der amtlichen Statistik (vor allem Gewerbeanzeigen und Mikrozensus) sowie auf Kammerdaten. Zusammengefasst ist zu konstatieren, dass nicht nur türkischstämmige, sondern auch Selbständige italienischer Herkunft – soweit sie in Deutschland leben – zu den Unternehmern mit relativ niedrigem Bildungsniveau zählen, die sich in hohem Maße in Märkten mit ungünstigen Wettbewerbsbedingungen betätigen. Zwar sind italienische Selbständige durchschnittlich besser gebildet als die abhängig beschäftigten Landsleute, doch weit über ein Drittel von ihnen verfügt über keinen beruflichen Abschluss. In Anbetracht der Arbeitsmarktsituation motiviert der Mangel an formalen Bildungsressourcen zu einer Mobilisierung „kultureller“ Ressourcen. Dies ist aber eher ein nachfragespezifisches und kaum ein angebotsbedingtes Phänomen, denn die Popularität von italienischen Handelsund vor allem Gastronomieprodukten bietet eine gute Basis für den Schritt in die Selbständigkeit. Jeder zweite der insgesamt rund 46.000 italienischen Selbständigen ist als Gastwirt tätig. Von einer transferierten „Kultur der Selbständigkeit“ kann dennoch nicht gesprochen werden, denn in Deutschland machen sich prozentual weniger Italiener selbständig als im Heimatland.

Die Gründungsneigung von Italienern ist jedoch höher als die der Deutschen. Allerdings ist auch die Rate derer höher, die mit ihrer Existenzgründung scheitern, was bei der Wettbewerbsintensität im Gastgewerbe wenig wundert. Grundlage einer selbständigen Existenz ist für viele Italiener eine hohe Arbeitsbereitschaft. Ihr wöchentliches Arbeitspensum liegt – nicht zuletzt aufgrund ihrer Branchenorientierung – ein gutes Stück über dem der deutschen Gewerbetreibenden. Italienische Betriebe nehmen eine wichtige Funktion bei der Schaffung von Arbeitsplätzen für Migranten ein. Ihr Beschäftigungsbeitrag ist überdurchschnittlich. Sie beweisen also nicht nur in gastronomischer sondern auch in ökonomischer Sicht beachtenswerte Kreativität. Im übrigen ist die Entscheidung in Deutschland ein Unternehmen zu gründen auch ein Zeichen der Bleibeabsicht und der Integration. Zwei Drittel der selbständigen Italiener sind schon seit über 20 Jahren hier im Land. Bei den Selbständigen anderer Nationalitäten ist dies lediglich bei weniger als der Hälfte der Fall.

Projektleitung: Dr. René Leicht
Projektmitarbeiter: Silke Fehrenbach; Markus Leiß
Auftraggeber: International Labour Organisation (ILO)
Kooperationspartner: Centro Studi Emigrazione Roma (CSER)
Laufzeit: Juli 2003 bis Juni 2004

Veröffentlichungen 

Leicht, René; Leiß, Markus; Fehrenbach, Silke (2004): Lavoratori autonomi Italiani e imprese italiane in Germania (Selbständige Italiener und italienische Betriebe in Deutschland), in: Report on behalf of the International Training Centre International Labour Organization

Leicht, René; Leiß, Markus; Fehrenbach, Silke (2005): Social and Economic Characteristics of Self-employed Italians in Germany in: Studi Emigrazione / International Journal of Migration Studies Vol. XLII, No. 158, 2005, pp. 285-307
 




 

 
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Dr. René Leicht
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