Fachkräfte der Zukunft oder langfristig marginalisiert? Möglichkeiten zur Integration von geringfügig qualifizierten Geflüchteten


In den Jahren 2015 und 2016 stellten mehr als 1,2 Millionen Menschen in Deutschland einen Antrag auf Asyl. Die große Mehrheit dieser Menschen ist im erwerbsfähigen Alter, aber nur rund ein Sechstel besitzt einen formalen Berufs- oder Hochschulabschluss. In diesem von der Stiftung Mercator unterstützten Projekt wollen wir in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Arbeitsmarktökonomik der Universität Würzburg (Prof. Christina Felfe de Ormeño, Ph.D.) zwei Möglichkeiten untersuchen, wie der Zugang und die Beteiligung von Geflüchteten zu qualifizierter Arbeit angekurbelt werden kann: (1) Das Absolvieren einer beruflichen Ausbildung in Unternehmen, und (2) eine berufliche Selbständigkeit in Deutschland.

In den Jahren 2015 und 2016 stellten mehr als 1,2 Millionen Menschen in Deutschland einen Antrag auf Asyl. Die große Mehrheit dieser Menschen ist im erwerbsfähigen Alter, aber nur rund ein Sechstel besitzt einen formalen Berufs- oder Hochschulabschluss (Brücker et al. 2019), der zudem häufig in einem langwierigen Verfahren geprüft und anerkannt werden muss. Im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung und anderen Zuwanderungsgruppen stellt diese geringe formale Qualifikation in der wissensbasierten deutschen Wirtschaft einen großen Nachteil dar und behindert eine rasche und nachhaltige berufliche und soziale Integration (Dietz, Osiander und Stobbe 2018). So leben viele Menschen aus der jüngsten Flüchtlingswelle auch Jahre nach ihrer Ankunft noch in öffentlichen Gemeinschaftsunterkünften und gehen bestenfalls einer befristeten Hilfstätigkeit nach. (Hartmann, Leicht und Sajons 2018).

In diesem von der Stiftung Mercator unterstützten Projekt wollen wir in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Arbeitsmarktökonomik der Universität Würzburg (Prof. Christina Felfe de Ormeño, Ph.D.) zwei Möglichkeiten untersuchen, wie der Zugang und die Beteiligung von Geflüchteten zu qualifizierter Arbeit angekurbelt und somit ihre soziale Absicherung und Integration in die Gesellschaft nachhaltig gestärkt werden kann: (1) Das Absolvieren einer beruflichen Ausbildung in Unternehmen, und (2)  eine berufliche Selbständigkeit in Deutschland. Diese Wege zielen auf unterschiedliche Gruppen von Geflüchteten ab und ergänzen sich dadurch gegenseitig: Während eine berufliche Ausbildung hervorragend für jüngere Menschen ohne bisherige Abschlüsse und Arbeitserfahrung geeignet ist, könnte eine selbständige Tätigkeit Chancen eröffnen für etwas ältere und formal geringqualifizierte Geflüchtete, die im Herkunftsland einen Beruf erlernt und/oder langjährig ausgeübt haben, dafür aber keinen offiziellen Abschluss erhalten haben oder dieser nicht (vollständig) anerkannt wird.

Die Ergebnisse des Projekts sollen ein umfassendes Bild der Potenziale, Hemmnisse und eventuellen Risiken dieser Möglichkeiten zur Integration formal geringqualifizierter Geflüchteter in den deutschen Arbeitsmarkt darstellen und damit eine aussagekräftige Basis für Entscheidungen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft schaffen.


News

Policy brief "Selbständigkeit von Geflüchteten und Zugewanderten - Alternativer Weg in den Arbeitsmarkt oder berufliche Sackgasse?" (24.10.22)
Im zweiten Policy brief des von der Stiftung Mercator geförderten Projekts "Fachkräfte der Zukunft oder langfristig marginalisiert?" untersuchen Dr. Christoph Sajons, Ralf Philipp und Carina Hartmann die mögliche Rolle der Selbständigkeit als Weg für Geflüchtete und Zugewanderte in den deutschen Arbeitsmarkt. Dabei verfolgen die Forscher*innen des ifm-Forschungsbereichs "Arbeitsmarkt und Selbständigkeit" zum einen im Mikrozensus-Panel die Gründungen von zugewanderten Menschen in den 2010er Jahren und betrachten deren Beschäftigungs- und Einkommenssituation über mehrere Jahre. Zum anderen wird in einem Feldexperiment untersucht, ob eine aufgegebene Selbständigkeit die Chancen von Zugewanderten bei einer späteren Bewerbung auf eine abhängige Beschäftigung vermindert. mehr...
Policy brief "Mehr Ausbildung wagen! Barrieren und Chancen für die Einstellung von Geflüchteten in deutschen Unternehmen" (24.10.22)
Das von der Stiftung Mercator geförderte Projekt "Fachkräfte der Zukunft oder langfristig marginalisiert?" untersucht verschiedene Möglichkeiten, wie sich formal geringfügig qualifizierte Geflüchtete erfolgreich und nachhaltig in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren können. Im ersten Policy brief beschreibt das Team um die Projektleiter Dr. Christoph Sajons (ifm Mannheim) und Prof. Dr. Christina Felfe de Ormeño (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) die Ergebnisse einer Befragung von über 1.000 ausbildenden Unternehmen in Süddeutschland, bei der mittels eines Auswahlexperiments die entscheidenden Faktoren für die Einstellung von Geflüchteten in ein Ausbildungsverhältnis analysiert werden. mehr...
Veranstaltung "Wege zur erfolgreichen Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten - Lehren aus der jüngeren Vergangenheit für die Zukunft" in Berlin (25.05.22)
Am 24.5.2022 stellte das Team des von der Stiftung Mercator geförderten Projekts "Fachkräfte der Zukunft oder langfristig marginalisiert?" im Haus der deutschen Wirtschaft in Berlin die Ergebnisse der zwei Studien vor, die unterschiedliche Möglichkeiten für die erfolgreiche Integration von formal geringfügig qualifizierten Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt untersuchten. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Themen "Ausbildung" und "Selbständigkeit", die von den Projektleiter*innen Prof. Dr. Christina Felfe de Ormeño von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Dr. Christoph Sajons vom ifm Mannheim präsentiert und mit Vertreter*innen von Politik, Verwaltung, Unternehmen und Organisationen diskutiert wurden. Zusätzlicher Input wurde von Prof. Dr. Herbert Brücker vom IAB Nürnberg eingebracht, der den Bogen von den Studienergebnissen hin zur aktuellen Situation der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland spannte.

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